Sachverständigenbüro Matthias Kanitz


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Abnahme

Sachgebiete > Baurecht

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Baurecht
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Die nachfolgenden Ausführungen stehen im häufig im Kontext mit Rechtsstreitigkeiten, in deren Folge der Sachverständige um ein Gutachten gebeten wird. Daher wird auf einige Begriffe aus sachverständiger Sicht eingegangen. Wenn sich zwischen Vertragspartnern ein Rechtsstreit abzeichnet, sollte zeitnah fundierter juristischer Beistand eingeholt werden.

Der BGH hatte aus dem bis zum 31.12.2001 geltenden AGB-Gesetz geschlossen, dass die VOB/B privilegiert ist, d. h. die VOB/B galt als eine ausgewogene Regelung, wenn sie „insgesamt“ vereinbart wurde. Eine isolierte Inhaltskontrolle der einzelnen Bestimmungen fand dann nicht statt. Die VOB/B ist aber kein Gesetz und keine Rechtsverordnung - sie beinhaltet Allgemeine Geschäftsbedingungen. Bestimmungen in "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Bei Verträgen mit privaten Bauherren wurde das Privileg der VOB/B gekippt. Bei Verbraucherverträgen kann es eine durchgehende Inhaltskontrolle geben.

Werden nur Einzelbestimmungen der VOB/B oder diese in abgeänderter Form Vertragsbestandteil zwischen Kaufleuten, ist die VOB/B „insgesamt“ nicht übernommen worden, so dass die einzelnen Bestimmungen der VOB/B dann einer Inhaltskontrolle unterfallen.


Wesentlicher Mangel

Die Feststellung, ob der Mangel wesentlich ist, erfolgt unter Beachtung subjektiver und objektiver Kriterien:

Subjektiv: Das spezielle Interesse des Auftrageber an der vertragsgerechten Leistung unter besonderer Beachtung des von ihm verfolgten Nutzungs- oder Verwendungszwecks
a subjektive Interessen werden nur insoweit berücksichtig, als sie dem Auftragnehmer bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen

Objektiv: allgemeine Verkehrsauffassung, ob der Mangel unter Zugrundelegung des Vertragszwecks als empfindlich und deswegen als gravierend anzusehen ist (z.B. Verwendung minderer und ungeeigneter Materialien)

Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden.

Abnahme

Eine Abnahme stellt bei jedem Werkvertrag eine einschneidende Zäsur dar. Wichtige Rechtsfolgen sind:

  • der Verjährungsbeginn der Mängelansprüche des Bauherrn
  • Fälligkeit der Vergütung (Fristen in Abhängigkeit ob VOB oder BGB -Vertrag)
  • der Bauvertrag tritt vom Erfüllungsstadium in das Gewährleistungsstadium über
  • Vertragsstrafenansprüche - sofern nicht vorbehalten - gehen verloren
  • Vergütungs- und Leistungsgefahr geht auf den Besteller über
  • Umkehr der Beweislast - es sei denn, Mängel wurden bei der Abnahme vorbehalten


Liegen die Voraussetzungen für eine Abnahme vor, trifft den Bauherrn eine Abnahmepflicht.

Grundsätzlich gilt, dass eine
konkludente Abnahme, d.h. durch schlüssiges Verhalten, stillschweigend erklärt werden kann. Die Rechtssprechung setzt für eine Abnahme - jedenfalls für eine stillschweigende/konkludente Abnahme - voraus, dass die Leistungen vollständig und von wesentlichen Mängeln frei sind.

Eine
förmliche Abnahme nach § 12 VOB/B hat stattzufinden, wenn eine Vertragspartei es verlangt. Jede Partei kann auf ihre Kosten einen Sachverständigen zuziehen.

Die Voraussetzungen für eine
fiktive Abnahme sind in § 12 Nr. 5 VOB/B geregelt.

  • nach der schriftlichen Mitteilung über die Fertigstellung des Werkes sind 12 Werktage verstrichen
  • nach der Inbenutzungnahme durch den Besteller ist eine Frist von 6 Werktagen verstrichen

Voraussetzung ist jedoch, dass das Werk auch tatsächlich abnahmereif ist. Die fiktive Abnahme kann durch das Geltendmachen von Mängeln bzw. einer Vertragsstrafe verhindert werden.



Minderung und Rücktritt
Besonderheiten der Minderung nach BGB und VOB

§§ 634 Nr. 3, 638 BGB Nach erfolglosem Fristablauf hat der Auftraggeber das Wahlrecht zwischen Selbstvornahme und Minderung


Nach der VOB/B § 13 Nr. 5 Abs. 2 muss der Auftragnehmer einen Mangel nach Aufforderung durch den Auftraggeber in einer angemessenen Frist beseitigen. Kommt der Auftragnehmer dem nicht nach, kann der Auftraggeber den Mangel auf Kosten des Auftragnehmers beseitigen lassen.
§ 13 Nr. 6 - Ist die Beseitigung des Mangels dem AG nicht zumutbar oder ist die Beseitigung des Mangels unmöglich bzw. unverhältnismäßig, kann die Beseitigung des Mangels vom Auftragnehmer verweigert werden. Der Auftraggeber kann durch Erklärung gegenüber dem Auftragnehmer die Vergütung mindern.



Vorsatz

Um Vorsatz handelt es sich, wenn jemand mit Wissen und Wollen in Kenntnis aller Tatumstände handelt oder die Erstellung eines ordnungsgemäßen Werkes pflichtwidrig unterlässt. Dazu zählt auch das Wissen, dass die Unterlassung rechtswidrig ist und aller Wahrscheinlichkeit nach einem anderen zum Schaden gereicht. Vorsatz ist auch, wenn ein aus einem bewusst rechtswidrigen Handeln oder Unterlassen entstehender schädlicher Erfolg billigend in Kauf genommen wird.


Fahrlässigkeit

Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Von grober Fahrlässigkeit spricht man, wenn die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt wird und einfachste Überlegungen zu den Folgen einer Handlung nicht angestellt werden


Verlängerte Gewährleistung durch arglistiges Verschweigen

Soweit die Verpflichtung zum Schadensersatz davon abhängt, dass der Unternehmer den Schaden schuldhaft verursacht hat, bedeutet „schuldhaft“ gemäß § 276 BGB „vorsätzlich oder fahrlässig“, wobei oft schon „leichte“ Fahrlässigkeit genügt.

Die Verjährungsfristen für die Gewährleistungsrechte eines Bestellers betragen im Werkvertragsrecht nach BGB

  • 5 Jahre oder
  • 4 Jahre - wenn vertraglich die VOB/B (Verdingungsordnung für Bauleistungen) vereinbart wurde


Zu den genannten, regulären Verjährungsfristen gibt es eine wichtige Ausnahme:
§ 634a Absatz 3 BGB ordnet die veränderte Verjährung der Ansprüche des Bestellers an, sofern der Unternehmer einen Mangel arglistig verschwiegen hat. Arglistig verschweigt der Unternehmer einen Mangel, wenn er sich dessen bewusst ist, dass ein bestimmter Umstand (z. B. ein ungeeignetes, bauaufsichtlich nicht zugelassenes Material) bzw. ein ihm bekannter Mangel (z. B. Materialfehler) den Besteller unter Umständen von der Abnahme abhalten würde und er den Umstand nicht offenbart, obwohl er nach Treu und Glauben hierzu verpflichtet ist. Dabei sind Schädigungsabsichten, Streben nach eigenem Vorteil oder dass der Unternehmer die Folgen der vertragswidrigen Ausführung bewusst in Kauf nimmt, nicht erforderlich (z. B. vertragswidrige Verwendung nicht erprobten Materials, fehlende eigene Sachkunde, usw.) Maßgebender Zeitpunkt ist dabei für die Offenbarungspflicht spätestens die Abnahme, ersatzweise die Vollendung des Werkes. Die verlängerte Gewährleistung (in der Regel ab Abnahme) kann bei Körper- oder Gesundheitsverletzungen bis zu 30 Jahren, in sonstigen Fällen bis zu 10 Jahren betragen.
An den Nachweis des arglistigen Verschweigens werden von der Rechtssprechung jedoch hohe Hürden gesetzt, die im Einzelfall durch Juristen zu prüfen sind.


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